Outsourcing im Private Banking – ein Klassiker erlebt eine Renaissance

Man könnte meinen, es sei schon alles gesagt und geschrieben worden zum Thema Outsourcing bei Privatbanken. Es ist auch bekannt, dass die hiesige Privatbanken-Szene mitten in einem Strukturwandel steckt, hervorgerufen durch die Digitalisierung und den Generationenwechsel der Kundschaft. Einen Wandel, den nicht alle Institute gleich erfolgreich meistern, was ein Blick auf die sinkende Anzahl von Privatbanken in der Schweiz zeigt. Aktuell gibt es noch etwa 100 Privatbanken in der Schweiz. Vor zehn Jahren waren es noch 175.

Unterhält man sich mit Vertretern der Gilde, dann kristallisieren sich zwei Hauptmeinungen über die zukünftige Entwicklung heraus. Die einen sind der Ansicht, dass sich die Qualität der persönlichen Beratung nie und nimmer von IT-Algorithmen und Roboter ersetzen lassen wird und man das Private Banking, natürlich unterstützt von intelligenten Programmen, mehr oder weniger wie heute weiter betreiben kann. Die andere Gruppe ist ganz versessen auf Themen wie Fintech, Regtech, Blockchain und Konsorten und sieht sich als Vorreiter der Digitialsierung des Bankgeschäftes. Einig sind sich beide Vertreter, dass die operativen Kosten für das Betreiben des Geschäfts immer noch zu hoch sind, insbesondere bei kleineren Instituten.

Ganz allgemein gehen Experten davon aus, dass sich mittelfristig nur noch grössere Institute mit einem gutem „Cost-Income-Ratio“ (Kennzahl zur operativen Effizienz) auf dem Markt halten werden. Kleinere Banken haben im Prinzip keine grosse Wahlmöglichkeit. Entweder sie werden zum Nischenanbieter und spezialisieren sich auf ein spezifisches Geschäft oder sie streben Wachstum als Überlebensstrategie an. So oder so wird sich der Trend zu noch mehr Outsourcing fortsetzen und zwar nicht nur in der Form von IT-Outsourcing, sondern auch und insbesondere für‘s Business-Prozess-Outsourcing, da die Produktion „Inhouse“ über die gesamte Breite der Wertschöpfungskette einfach zu teuer ist.

Einige kleinere Retail- und Privatbanken haben bereits heute praktisch ihr ganzes Back-office ausgelagert. Bei der Mehrheit der Institute besteht allerdings zurzeit noch viel Potential zur Optimierung und weiteren Auslagerung von Geschäftsprozessen. Aus diesem Grund empfiehlt PPI die Innovation nicht nur im Frontend-, sondern auch im Backend-Bereich voranzutreiben. Als Spezialist im Zahlungsverkehr kann PPI in diesem Bereich auch auf bereits erfolgreich durchgeführte Projekte verweisen (z.B. BPO Zahlungsverkehr der Zürcher Kantonalbank zu Swisscom). 

Wie soll das Ganze nun angepackt werden, wenn sich eine Bank mit der Idee zur Auslagerung des Zahlungsverkehrs beschäftigt?

Schauen wir zunächst einmal auf eine andere Branche, welche Outsourcing schon seit langem erfolgreich anwendet: Die Automobilbranche. Beispielsweise konnte BMW im Jahr 2000 durch die Zusammenarbeit mit dem Automobilzulieferer Magna Steyr bereits nach 28 Monaten mit dem X3 ein neues Modell zur Marktreife entwickeln, wobei BMW über die Entwicklung und Produktion von Fahrzeugkomponenten hinaus die gesamte Serienentwicklung und -produktion fremdvergeben hat. Selbstverständlich war diese Aktion keineswegs trivial, was auch zu einem Kooperationsvertrag von über fünftausend Seiten geführt hat.

Idealerweise verfügt eine Bank bereits über eine Sourcing-Strategie, welche die Grundsätze und Ziele des Sourcings festlegt (z.B. maximales Outsourcing von Prozessen an einen oder mehrere Dienstleister). Wenn nicht, dann wäre dies sicherlich der erste Schritt im Vorhaben. Wenn doch, können schrittweise Prozesse, z.B. aus dem Bereich Zahlungsverkehr migriert werden. Da die detaillierte Beschreibung eines möglichen Zahlungsverkehrs-Outsourcing-Projektes an dieser Stelle zu weit führen würde, sollen anstelle ausgewählte, auf die bei der Transformation einsetzbare Instrumentarien, betrachtet werden.

Ziel ist es zunächst einmal, die Transformation beherrschbar zu machen und eine systematische Verbindung zwischen der fachlichen und der (informations-) technologischen Gestaltung herzustellen. Hier haben sich die klassischen Methoden der Business- Engineering- Analyse bewährt. Die relevanten aktuellen Geschäfts-, Prozess- und Applikationsarchitekturen werden systematisch beschrieben und in der Folge auf Outsourcing-Potential beurteilt. PPI empfiehlt möglichst früh potentielle Leistungserbringer miteinzubeziehen. In der Regel sind Outsourcing-Anbieter die besseren Beurteiler von Ziellösungen, da diese ihre Standardprozesse von Anfang an als Know-how einbringen.

Um eine zukünftige Lösung erlebbar zu machen, sollte ein Teilprozess als „Proof of Concept“ (PoC) bereits in der Evaluationsphase umgesetzt werden. Im Fall des Zahlungsverkehrs z.B. die Einlieferung einer Kundenauftragsdatei mit anschliessender Verarbeitung (Weiterleitung und Verbuchung). Es ergeben sich schnell und automatisch Fragen zu Verantwortlichkeiten, Abgrenzungen und dergleichen, sodass ein Gefühl über die Komplexität der auszulagernden Prozessschritte entsteht. In der Regel erhält man bereits in diesem Anfangsstadium einen guten Eindruck über den Lieferanten. Wir empfehlen nach Abschluss des PoC mit dem Lieferanten, der den besten Eindruck hinterliess, in die Detailphase des Projektes einzusteigen und möglichst viele Standardprozesse zu übernehmen (das gilt im Übrigen ebenfalls für die Vertrags-Unterlagen die, wie wir bereits wissen, sehr umfangreich sein können).

Ein Blog ist leider viel zu kurz für die Beschreibung solch umfangreicher Projekte, sodass an dieser Stelle bereits ein Fazit gezogen werden soll. Banken und insbesondere Privatbanken werden gezwungen sein ihre Kosten weiter zu reduzieren und sich auf ihre Kernkompetenzen zu fokussieren. BPO ist nach wie vor ein gutes Mittel diesen Herausforderungen zu begegnen, was andere Branchen und auch Beispiele im Banking gezeigt haben. Es braucht in jedem Fall eine Sourcing-Strategie und eine „ingenieurmässige“ Analyse für die Beurteilung von Handlungsoptionen. Wir sind der Meinung, dass ein Outsourcing-Anbieter möglichst früh involviert werden sollte und man auf dessen Know-how zurückgreift. Ein PoC liefert gute Ergebnisse bezüglich der zukünftigen Lösung und der Zusammenarbeit mit dem neuen Partner. Zu guter Letzt noch folgender Ratschlag: Verabschieden Sie sich von Ihren Spezialprozessschritten und machen Sie möglichst viel so, wie es der Anbieter in seinem Standard vorschlägt (auch wenn das unter Umständen zu Service-Reduktionen, im schlimmsten Fall sogar zu Kundenabgängen führen kann).

Dieser Blog wurde von Carsten Miehling gepostet.

#BPO #Outsourcing #PrivateBanking

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