QR-Code ohne Ende oder eine Hommage an den Swiss QR Code

QR-Code, Swiss QR Code, QR-Bill, QR-Rechnung, PPI SchweizDas Bezahlen mit QR-Code wird in Europa langsam aber sicher zur Gewohnheit. Müssen wir uns damit anfreunden?
Die Umstellung auf IBAN verlangt dem gewöhnlichen Rechnungszahler einiges an Gehirnakrobatik ab. Kann er sich erwiesenermassen maximal eine Kombination von 7 Zeichen merken, übersteigt bereits die kürzeste IBAN (Norwegen hat 15 Stellen) die Fähigkeit des Kurzzeitgedächtnisses enorm. Die längste bekannte IBAN gibt es in Malta mit stolzen 31 Stellen, was die Malteser als Weltmeister der Numerik und Kombinatorik erscheinen lässt. Bei uns in Mitteleuropa sind diese neuartigen Kontonummern plus minus 20 Stellen lang, was uns bereits vor erhebliche Herausforderungen stellt. Oder können Sie etwa Ihre IBAN auswendig?

Aus der Not geboren, haben sich Finanzexperten in Europa ein Tool überlegt, das einerseits dem durchschnittlich intelligenten Verbraucher erlaubt, eine Zahlung ohne tägliches Gedächtnistraining automatisiert zu erfassen, andererseits Firmen einen verbesserten Rechnungs-Workflow und eine treffsichere Reconciliation möglich macht:
Der QR-Code zum Bezahlen wurde erfunden!

QR-Code statt Gedächtnisübungen
In den letzten Jahren machten sich unzählige Anbieter den QR-Code zunutze, um Rechnungen einfacher zu bezahlen, an der Ladenkasse ein eigenes Mobile Payment anzubieten oder unter Freunden sogenanntes Peer-to-Peer Payment durchzuführen. Schon lange mit dabei ist Österreich mit dem System „Zahlen mit Code“. Der von der STUZZA initiierte QR-Code lehnt sich stark an die Empfehlungen des European Payment Council an und unterstützt das schnelle Bezahlen, unabhängig ob Papierrechnung, im Webshop oder mit mobilem Endgerät. Ebenso an die EPC-Empfehlungen halten sich der deutsche GiroCode, der von Sparkassen und Genossenschaftsbanken gepusht wird, sowie Einzellösungen wie beispielsweise von Rewe, EDEKA oder Nordsee.

QR-Rechnung in der Schweiz
Auch in der Schweiz ist das Bezahlen mit QR-Code schon lange ein Thema. Seit einigen Jahren arbeitet der Schweizer Finanzplatz an einem neuen Einzahlungsschein. Nach langwierigem Tauziehen und einigen Überarbeitungen wurden kürzlich die Ergebnisse der Arbeitsgruppe präsentiert. Ein QR-Code wurde geschaffen, der sämtliche modernen Bezahlarten unterstützen soll, ohne dabei das altbewährte, hocheffiziente ESR-Verfahren (diese lange Referenznummer auf den orangen Papierbelegen) ad acta zu legen.
„Zum Glück kommt der QR-Code“, mag man sich freuen, wenn man das neue Konstrukt mit dem Namen „QR-Rechnung“ oder „Swiss QR Code“ näher betrachtet. Auch in der Schweiz ist die Aufnahmekapazität des menschlichen Gehirns nicht unendlich, kommt doch nebst der bekannten 27-stelligen Referenznummer nun die IBAN-Pflicht und mit der IBAN-Pflicht noch eine weitere „QR-IBAN“ dazu! Bei so vielen neuen Informationen, die irgendwie von der Rechnung in das Onlinebanking kommen sollen, fürchten sich Herr und Frau Schweizer vor langwierigen Eingaben der Buchstaben und Zahlen in einer Onlinebanking-Maske, dem Smartphone oder der SmartWatch. Tippfehler sind vorprogrammiert und die Verzweiflung ist dem Bankkunden ins Gesicht geschrieben, wenn er künftig Wochenenden damit verbringt, irgendwelche IBAN und Referenznummern fehlerfrei und innerhalb der Zahlungsfrist seiner Bank zu vermitteln.
Da diese sogenannte „Bio-Schnittstelle“ (vom Beleg über’s Auge durch’s Gehirn in den Finger) weder sehr performant und darüber hinaus extrem fehleranfällig ist, behelfen sich viele bereits heute moderner Scan-Apps. Dem Smartphone sei Dank, können selbst QR-Rechnungen mit dem maximalen Informationsgehalt von 952 Zeichen in Sekundenschnelle korrekt erfasst und ausgeführt werden.

Swiss QR Code vs. Sepa
Stellt sich die Frage, ob es für die Schweiz vorteilhaft ist, innerhalb des Sepa-Raumes ein eigenes Süppchen zu kochen oder ob man sich lieber den Nachbarländern anpassen sollte.
Vergleicht man nur einmal die zulässige Grösse, fällt auf, dass der Swiss QR Code weitaus mehr Informationen transportieren kann als sein europäisches Pendant (maximal 331 Bytes). Der grösste Unterschied sind die Adressinformationen zu Zahlungspflichtigem und Zahlungsempfänger, welche in der Schweiz sehr ausführlich im QR-Code enthalten sind, während sich das European Payment Council auf den Namen des Zahlungsempfängers beschränkt.
Da Grösse bekanntlich nicht alles ist, werfen wir einen Blick auf die Zahlungs- oder Rechnungsinformationen (Remittance Information):
Ein Rechnungssteller oder Zahlungsempfänger ist stets bestrebt, mit vergleichsweise geringem technischem Aufwand seine Zahlungseingänge zu überwachen und mit den offenen Rechnungen abzugleichen. Er wünscht sich also möglichst eindeutige, strukturierte Angaben zu einem Zahlungseingang.
Der Rechnungsempfänger oder Zahlungspflichtige hingegen gibt sich häufig unstrukturiert, wenn es um die Angaben zum Zahlungszweck geht. Da werden schon mal nebst einer Rechnungsnummer auch andere Bestelldetails und irgendwelche Dankesworte oder dergleichen mit auf die Reise gegeben – sehr zum Leidwesen des Zahlungsempfängers.
Mit dem QR-Code kann der Rechnungssteller jetzt genau vorgeben, welche Informationen zur beglichenen Rechnung er benötigt und gleichzeitig steigen die Chancen, dass er diese Informationen auch bekommt.

In der Schweiz ist insbesondere beim ESR-Verfahren weitestgehend sichergestellt, dass die Referenznummer, die der Rechnungssteller zum automatisierten „Abhaken“ seiner gestellten Rechnungen benötigt, durchgängig ist. Die ESR-Referenz, eine „Strukturierte Referenz“ notabene, darf auch im neuen Swiss QR Code zum Einsatz kommen. Um auch ein bisschen internationales Flair zu vermitteln, erlaubt der Swiss QR Code die Verwendung einer strukturierten Creditor Reference anstatt der ESR-Referenz und tut dies somit der europäischen Variante gleich.
Neu ist, dass zusätzlich zur ESR-Referenz, die neu übrigens QR-Referenz heisst, eine unstrukturierte Mitteilung verwendet werden darf. Diese kann weitere Informationen für den Zahlungsempfänger beinhalten, wie beispielsweise einen SWICO-Code, der bei der genaueren automatisierten Verbuchung hilft.
Vorteil für die Schweiz, wie wir meinen!

Verbreitung:
Die Verwendung des EPC-QR-Codes ist in Europa eine grösstenteils freiwillige Sache und verbreitet sich nur langsam. Es gibt weder ein einheitliches Label noch eine gemeinsame Aktion europäischer Banken, die den QR-Code fördert. Erschwerend kommt für den Verbraucher hinzu, dass viele Anbieter den eigentlichen EPC-QR-Code unter ihrem eigenen Markenlabel vermarkten (z.B. GiroCode). Auch sind nicht alle Banking-Apps in der Lage, diesen Code zu lesen.
In der Schweiz kommt der Swiss QR Code ab 2019. Alle Schweizer Banken sollen spätestens dann den QR-Code lesen und verarbeiten können. Die Rechnungssteller sind angehalten, binnen zwei Jahren ihre Rechnungen anzupassen. Es ist davon auszugehen, dass sich der Swiss QR Code bis Ende 2020 in der Schweiz flächendeckend etabliert hat.

Interoperabilität:
Sowohl der europäische QR-Code als auch der Swiss QR Code funktionieren ausschliesslich in ihrem eigenen Zahlungssystem. Eine Rechnung mit dem Swiss QR Code kann beispielsweise in Frankreich nicht digital verarbeitet werden, andersrum wird der EPC-QR-Code wahrscheinlich von den wenigsten Schweizer Banken unterstützt werden.
Hier sehen wir noch Abstimmungsbedarf, um insbesondere den internationalen Rechnungsaustausch zu modernisieren und zu vereinfachen. Gerade in diesem Umfeld kommt es häufig zu Missverständnissen und Unklarheiten bei der Erfassung von Zahlungen.

Zusammengefasst steht der europäische QR-Code für eine einfache, um nicht zu sagen „Weniger-ist-Mehr“-Lösung für digitales Bezahlen, was leider viele Freiräume offenlässt und von der Finanzindustrie nicht genug gepusht wird.
Die Schweizer Lösung ist etwas komplexer, deckt jedoch weitestgehend die Bedürfnisse der Industrie ab und erleichtert es den Zahlungspflichtigen, unabhängig von Kanal und Endgerät einfach zu bezahlen. Bei PPI nennen wir das Simplexity. Dass sich die QR-Rechnung in der Schweiz schnell verbreiten wird, gilt als sicher. Ob sich der Swiss QR Code nebst dem Bezahlen von Rechnungen auch bei alternativen Zahlverfahren durchsetzen wird, bleibt zu hoffen. Ob der europäische Zahlungscode und die Schweizer Variante in Zukunft interoperabel werden, bleibt zu wünschen.

Für Sie gebloggt hat Marco Vosseler

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